Am 24. April 2007 bestellte die Reederei Disney Cruise Line aus Orlando
(Florida) bei der MEYER WERFT in Papenburg zwei neue Kreuzfahrtschiffe. Nach
einer zweijährigen Planungs- und Konstruktionsphase fiel am 2. März 2009 der
Startschuss für den Bau des ersten von den zwei innovativen Schiffen.
Am 30. Oktober 2010 war es dann soweit und das bisher größte von der MEYER WERFT
gebaute Kreuzfahrtschiff (bis dato drittlängstes Kreuzfahrtschiff der Welt)
wurde mit zwei Schleppern aus dem überdachten Baudock in den Werfthafen gezogen.
Wegen der zahlreichen Zuschauer hat die Stadtverwaltung die Zufahrt zum
Hafengebiet Nord zeitweise für den Verkehr gesperrt. Den ganzen Nachmittag
pendelten Busse in regelmäßigen Abständen zwischen dem Parkplatz am Rathaus, dem
Busbahnhof am Papenburger Bahnhof und der MEYER WERFT (Tor 2). Hunderte
Wohnmobile waren schon einen Tag vorher angereist und hatten auf dem
Werksparkplatz übernachtet, um bei der "Geburtsstunde" des neuen Schiffes dabei
zu sein.
Wer erst einmal an der Werft angekommen war, suchte sich einen
guten Aussichtspunkt, um auf dem matschigen Boden die kurze Fahrt zu verfolgen.
Die Polizei zählte rund 12.000 Zuschauer am Werftgelände. Einige von ihnen waren
mit stilsicheren Disney-Regenmänteln gegen den Nieselregen gewappnet. Doch bis
es soweit war, mussten die Zuschauer lange ausharren. Das
Ausdocken begann mit
einer einstündigen Verspätung. Dann gab der Führungsschlepper am Heck des
Ozeanriesen Gas und zog das riesige Schiff im Schneckentempo aus der 500 m
langen Werfthalle. Ein Feuerwerk begleitete den neuen Luxusliner am frühen Abend
ins Freie. Die meisten Zuschauer hielten bei immer wieder einsetzendem Regen bis
zum Schluss am Hafenbecken aus, um das bunt beleuchtete Schiff in ganzer Länge
sehen zu können.
Die amerikanische Reederei hat ein Riesenspektakel mit
Disney-Zauber, Donald Duck und Mickey Mouse aufgeführt. Seit zwei Jahren haben
sie für heutigen Tag geplant und eine Menge Arbeit reingesteckt. Ein bisschen
amerikanisches Flair bei Regenwetter.
Die Besucher standen am Hafenbecken und bestaunten den Liner, seine orangefarbenen
Ornamente, die Mickeymaus-Figur und geschwungene Aufschrift "Disney Dream" auf
weiß und schwarz gestrichenen Rumpf. In einem Festzelt begrüßte Mickey Mouse den
Geschäftsführenden Gesellschafter der Meyer Werft, Bernard Meyer, den
Präsidenten der Disney Cruise Line, Karl L. Holz, Tom Wolber, der bei Disney
Cruise Line für das Management der Schiffe von der Logistik bis zum
Entertainmentprogramm für Kinder verantwortlich ist und andere VIP-Gäste. Tom
Wolber arbeitete vor seiner Tätigkeit bei der Walt Disney Company für die Libema
Development Company BV in den Niederlanden, in der führenden strategischen
Planung und Beschaffung. Der in Essen geborene spricht fließend Niederländisch,
Deutsch, Französisch und Englisch. Auch Karl L. Holz ist ein gebürtiger
Deutscher aus dem rheinland-pfälzischen Hinzweiler.
Nach dem Ausdocken machte die Disney Dream am Ausrüstungskai der Werft fest und
ein Teil der Mannschaft bezog schon ihr Quartier im dem neuen Schiff. In den
anschließenden zwei Wochen wurden im Werfthafen verschiedene technische Systeme
wie Stabilisatoren und die Ruder auf ihre Funktionalität überprüft und
verbliebene Restarbeiten am Innenausbau durchgeführt. Auch die Rettungsboote
wurden vor der Überfahrt auf ihre Tauglichkeit überprüft und einzeln zu Wasser
gelassen.
Am Bug des Schiffes prunkt ein Bild von Micky Maus in Kapitänsuniform. Die
rot beleuchteten Schornsteine mit Abbildern der Disney-Gallionsfigur Micky
Maus sind ein Markenzeichen der Kreuzschifffahrtflotte Disney Cruise Line.
Allein für den schwarz-weißen Außenanstrich waren 250 Tonnen Farbe notwendig.
Sogar die Rettungsboote sind in Disney-Gelb gehalten. Dazu brauchte die
Reederei eine Sondergenehmigung der US-Küstenwache. Normalerweise wären sie
orange. Auch die in Disney-Gelb lackierten Anker, mit einem Gewicht von je 19
Tonnen, leuchten schon von weitem.
Das Kreuzfahrtschiff mit 1.250 Kabinen und 1.453 Besatzungsmitgliedern ist
stark auf die Bedürfnisse von Familien zugeschnitten und kann 4000 Passagiere
aufnehmen. Die Amerikaner haben einen ganz besonderen Geschmack und die
Papenburger Werft weiß ihn umzusetzen. Auch die Handwerker, die schon sehr
viele Meyer-Schiffe ausgestatten hatten, kamen doch ein bisschen ins Staunen.
Immer wieder begegnet man auf dem Schiff Disney-Figuren. Das Besondere an
diesem Schiff ist, dass es kein Glücksspiel an Bord gibt. Und das ist sehr
außergewöhnlich für ein amerikanisches Kreuzfahrtschiff.
Auf dem Oberdeck gibt es eine Goofy thematisierte Minigolfanlage und eine 245
Meter lange Wasserrutsche mit Stromschnellen, Steigungen und einem
transparenten Bahnabschnitt, der vier Meter über den Schiffskörper hinausragt
und für ein achterbahnartiges Gefühl mit Nervenkitzel sorgt. Dabei werden die
Badegäste durch Wasserjets auf 25 Stundenkilometer beschleunigt. Werftchef
Bernard Meyer und der Chef der Reederei, Karl L. Holz, haben die
Wildwasserbahn persönlich getestet. Seit dem Ausdocken herrschte quirliges
Treiben an Bord. Teppiche wurden verlegt, Küchen eingerichtet, Lampen
angeschlossen und Schauspieler probten ihre Auftritte.
Wie bringt man die Kunden dazu die Mittelkabinen zu buchen? Die Innenkabinen
sind mit einem "virtuellen Bullauge" versehen, bei dem die Passagiere in
Echtzeit einen Blick auf das Meer genießen können. Die an der Außenseite des
Megaliners angebrachten Kameras spielen dabei Livebilder in die virtuellen
Bullaugen ein. Auf dem schwimmenden Pendant zu Disneyland gibt es ein Deck
mit einem speziellen Kinderbereich. Hier tauchen die Kinder in ihre
Lieblingsgeschichten ein und werden dabei von Erzieherinnen und den beliebten
Disney Charakteren sowie einer animierten Schildkröte begleitet. Doch bei
aller Kinderfreundlichkeit ist zu beachten, dass die Bordsprache auf diesem
schwimmenden Kinderparadies englisch ist!
Während die Kinder betreut werden und Spaß haben, können die Eltern entspannt
ihre Angebote genießen und ausspannen. Im Spa-Bereich sorgen Wasser- und
Dampftherapien für die optimale Entspannung. Für die Erwachsenen gibt es
einen kinderfreien Pool mit einer Swim-Up Bar, so dass man seinen Cocktail
bequem im Wasser genießen kann. Die ganze Wellness- und Poollandschaft
erstreckt sich über mehrere Decks. Zur kulinarischen Abwechslung wird das
Abendessen abwechselnd in drei verschiedenen Restaurants eingenommen, die mit
der Magie von verschieden Disney Klassikern die Gäste in ihren Bann ziehen.
Die Disney Dream ist mit drei MAN 12-Zylinder Dieselmotoren mit je 14,4 MW
und zwei 14-Zylinder MAN 48/64CR Dieselmotoren mit je 16,8 MW ausgerüstet,
die als Kraftwerk das gesamte Schiff mit elektrischer Energie und
Prozesswärme versorgen. Zwei im Heck eingebaute, je 21 MW starke
Converteam-Propellergondeln, die zum Steuern und Manövrieren um 360° gedreht
werden können, dienen zum Antrieb des Schiffes. Die riesigen Festpropeller
machen dabei bis maximal 137 Umdrehungen pro Minute.
Vor der Fahrt in die Nordsee präparierten mehrere Baggerschiffe die Fahrrinne
der Ems.
Damit das riesige Kreuzfahrtschiff mit 7,9 m Tiefgang ohne
Grundberührung in tieferes Fahrwasser gelangt, wurden schon zuvor die
mächtigen Tore am Emssperrwerk in Gangersum geschlossen, um den Wasserstand
der Ems um 2,20 m aufzustauen. Während der 42 Kilometer langen Fahrt auf der
Ems nach Eemshaven an der Nordsee hatte der Ozeanriese teilweise nur 50
Zentimeter Wasser unter dem Kiel.
Für die Überführung hatten sich schon einige Tage vorher die ersten Fans mit
ihren Wohnmobilen am Werkshafen der Meyer Werft in Stellung gebracht. Die
Überführung von Kreuzfahrtschiffen ist immer ein touristisches Spektakel, das
immer wieder Tausende Schaulustige an die Ems lockt.
Am Freitag, den 12. November 2010 gegen 19:30 Uhr, drei Stunden später als
geplant, hieß es dann "Leinen los!". Der Grund für die Verspätung war ein zu
starker Wind und zu viel Wasser in der Ems gewesen. Das Emssperrwerk musste
diesmal geschlossen werden, nicht um das Wasser zu halten, sondern um es zu
stoppen, denn an der Nordsee herrschte zuvor eine kleine Sturmflut. Um 20:30
wurde das erste Nadelöhr, die Dockschleuse, passiert. Mit einem kleinen
Feuerwerk wurde die Disney Dream bei der Ausfahrt aus der Papenburger Werft
verabschiedet. Mit nur fünf bis sieben Kilometern pro Stunde zwängte sich das
riesige Schiff dann durch die Ems. Das zweite Nadelöhr, die Friesenbrücke in
Weener, erreichte der Schiffskonvoi um 22 Uhr. Schon einen Tag zuvor hatte
man einen Teil der Eisenbahnbrücke mit dem Schwimmkran "Triton" aus Delfzijl
herausgehoben. Dann ging die Fahrt weiter in Richtung Leer, wo die Disney
Dream gegen Mitternacht die Jann-Berghaus-Brücke passierte. Die Durchfahrt
der Jann-Berghaus-Brücke wurde extra für die Überführungen von den neuen
Kreuzfahrtschiffen Celebrity Eclipse bzw. der Disney Dream von 40 auf 56
Meter verbreitert. Die Klappbrücke ist eine der größten in Westeuropa.
Am Samstagmorgen, um 4 Uhr, wurde die Disney Dream durch das Ems-Sperrwerk
bei Gandersum geschleust.
Nach einer mehrstündigen Fahrt über den Dollart
erreichte das Kreuzfahrtschiff um 9 Uhr das niederländische Eemshaven. Hier
verbleibt das Schiff noch 3-4 Tage um die losen Ausrüstungsgegenstände an
Bord zu nehmen. Nach umfangreichen Testfahrten auf der Nordsee in Richtung
Norwegen folgt ein weiterer kurzer Werftaufenthalt in Hamburg, im Dock der
Werft Blohm und Voss und Mitte Dezember wird der ca. 650 Millionen Euro teure
Luxusliner in Bremerhaven an die Reederei DCL ausgeliefert.
Die Disney Dream
trat am 19. Dezember die Fahrt über den Atlantik nach
Florida an, um am 26. Januar 2011 von Port Canaveral in Florida zu
ihrer Jungfernfahrt aufbrechen. In ihrer ersten Saison steuerte sie die
Bahamas und die 250 Hektar große Disney-eigene Insel Castaway Cay an. Während
der Sommermonate steuert das Schiff abwechselnd fünf- oder sechstägige Reisen
mit zwei Stopps auf Castaway Cay an. Eine Fünftagesreise ist für eine
Familie mit zwei Kindern ab 2000,- Euro zu haben. Die Kreuzfahrt kann auch
mit einem Vor- oder Nachaufenthalt in Disney World kombiniert werden. Weitere
Informationen sowie Bild- und Videomaterial unter
www.dclnews.com.
Ende 2012 hat die MEYER WERFT das zweite Schiff, die Disney Fantasy, an
Disney Cruise Line (DCL) abgeliefert.
Bei einer Fahrt an die Nordseeküste lohnt sich ein Abstecher in das
Besucherzentrum der Meyer Werft. Die Tickets für eine zweistündige Führung
durch die Werfthallen können vorbestellt werden.
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