Der Künstler Gunter Demnig erinnert mit sogenannten "Stolpersteinen"
an die Opfer des Holocaust. Die quadratischen Betonsteine haben auf der Oberseite eine Messingplatte
mit abgerundeten Ecken und Kanten. Auf diesen Messingtafeln stehen die Namen der
ehemaligen jüdischen Mitbürger und geben Auskunft über das Geburtsdatum
bzw. Jahrgang und Verbleib. Diese Gedenksteine verlegt der Künstler in die Gehwege vor den einstigen
Häusern der Opfer. An den hier vorgestellten Stolpersteinen wird man
sich nicht die Füße stoßen, sie sollen zum gedanklichen Stolpern, zum
Innehalten und Nachdenken über die noch immer unfassbare Katastrophe verleiten. Inzwischen liegen über 70.000 Stolpersteine in
rund 1100 deutschen Orten und 23 Ländern Europas. Daraus entwickelte
sich im Laufe der Zeit das weltweit größte "dezentrale Mahnmal". In Hamminkeln
wurden bisher 28 dieser Stolpersteine verlegt. |

Diese
sechs Stolpersteine befinden sich auf dem Gehweg im Zentrum von
Hamminkeln an der Brüner Straße Nr. 8, neben
Elektro Nickel und erinnern an die Mitglieder der jüdischen Familie Marchand Hier lebte früher der Metzger Siegmund Marchand, geboren
1857, mit seiner Familie bis zum Naziterror 1939. Die Kinder von
Siegmund und Judith Sophia Marchand besuchten in Hamminkeln die
evangelische Schule und den christlichen Gottesdienst. Als Pfarrer
Heitmeyer 1913 als Nachbar das Pfarrhaus bezog, reimte Siegmund
Marchand: "Bin ich auch ein Israelit, so grüß' ich doch den Pfarrer
mit." Im April 1939 zog das
Ehepaar zur Tochter nach Moers. Zwei Jahre später brachte die Tochter
die alten Marchands in einem jüdischen Altersheim in Mönchengladbach
unter, in dem Glauben, dass ihre Eltern dort sicher seien. Jedoch wurde das Heim
am 25. Juli 1942 aufgelöst und alle Bewohner mit einem Sammeltransport
von Düsseldorf aus in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Das
Ehepaar Marchand starb 1942 in Theresienstadt. Auch seine vier Kinder überlebten die
nationalsozialistische Gewaltherrschaft nicht. Tochter Rosa wurde in
Lodz, Tochter Henny am 10.12.1941 in Riga und Tochter Erna in Stuffhof
ermordet. Kurt Marchand wanderte im September 1936 nach Argentinien
aus und arbeitete in Buenos Aires als Krankenpfleger. Er wurde mit dem
Leben nicht mehr fertig, aus Heimweh nahm er sich das Leben. Auf dem
Stolperstein steht: "Flucht in den Tod". |

Die drei mit Messing überzogenen Pflastersteine befinden sich auf
dem Gehweg an der Marktstraße 13, nahe der alten "Friedenshalle Neu", dem
heutigen "Bürgerhaus Friedenshalle", wo
Salomon Marchand mit seiner ersten Frau Bela Zwi Abraham lebte.

Salomon Marchand wurde am 17. Dezember 1880 in Hamminkeln geboren. Er
war der Sohn von Jacob Marchand und Hannchen van Gelder. Sein Vater war
von 1914 bis 1925 der Vorsitzende des Männergesangvereins "Bleib treu". 1939 zog Salomon
Marchand, Witwer von Berta Marchand geb. Abraham, (*17.12.1880) nach Wesel und adoptierte zusammen mit seiner zweiten Ehefrau
Jenny Marchand, geborene Hartog, (* 07.06.1893) die unehelich geborene Hannelore
(17.03.1929). Am
11. Dezember 1941 wurde die Familie Marchand nach Riga verschleppt und
dort umgebracht. Über das Sterbedatum gibt es keine genauen Angaben. Die
Gedenksteine sollen an das erlittene Unrecht der Opfer erinnern. |


Die fünf kleinen quadratischen
Tafeln mitten auf dem Gehweg vor dem Textilgeschäf Bückmann in Hamminkeln an
der Marktstraße 20 fallen zwischen den grauen Steinen schnell ins Auge.
Hier wohnten David und Adele Marchand mit
ihren fünf Kindern. Die Kinder erkannten schon frühzeitig die
Zeichen der Zeit und emigrierten ins Ausland. Helmut Marchand wanderte
am 5. 3. 1933 zuerst nach Luxemburg und von Luxemburg 1939 in die USA
aus, wo er bis zu seinem Tode ein Einzelhandelsgeschäft betrieb. Erich
und Heinz Marchand emigrierten nach Argentinien. Ilse flüchtete mit
ihren Brüdern und zog später nach Israel. Nur Ludwig Marchand konnte
seinem Schicksl nicht entkommen. Als er beim amerikanischen Konsulat
sein Visum ftir die USA abholen wollte, erklärte Hitler den USA den
Krieg, das Konsulat blieb an diesem Tag geschlossen. Ludwig Marchand
wurde von Wiesbaden aus nach Polen deportiert und 1943 ermordet.
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Stolpersteine in Ringenberg

Drei in Handarbeit hergestellte Stolpersteine im Gehwegpflaster an der Hauptstraße 32 in Ringenberg
erinnern seit Dezember 2009 an einen Zweig der Familie Marchand, die hier bis zur
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Frieden lebten. Isaak Marchand, geboren 1859, gestorben am 23. Februar 1942,
Franziska Marchand, geboren am 23.06.1854, 1942 im hohen Alter von 88 Jahren nach Theresienstadt
deportiert und dort ermordet, sowie die gehbehinderte Tochter Bertha
Marchand, geboren am 28.09.1891, deportiert 1942, ermordet in Izbica.
Die Gedenksteine an der
Hauptstraße sollen die
Erinnerung an die jüdische Familie Marchand wach halten.
In der Zeitschrift "Hamminkeln
Ruft, Ausgabe Nr. 13 1990 - HVV" schreibt der Hobby-Historiker Klaus
Braun einen ausführlichen Aufsatz über die Familie Marchand.
In
der Hauptstraße 38 lebten noch vier weitere Marchands. Es handelte sich
um Moses Marchand, geboren am 29.1.1863 in Ringenberg, deportiert am
25.7.1942 ab Düsseldorf ins KZ Theresienstadt, am 29.9.1942 ins
Vernichtungslager nach
Treblinka, umgekommen 1943 in Minsk und seine Ehefrau Wilhelmine
Marchand (geb. Cohen), geboren am 03.07.1853 in Gerresheim, deportiert
am 25.7.1942 ab Düsseldorf nach Theresienstadt, verstorben am 17.9.1942
im Konzentrationslager Theresienstadt. Ihr Sohn Sally (Salomon) Marchand, wurde am 1.9.1893 in Ringenberg geboren, am
15.6.1942 ab Koblenz-Köln-Düsseldorf in das Vernichtungslager Sobibor
deportiert und am 28.7.1942 im Konzentrations- und Vernichtungslager
Lublin-Majdanek ermordet. Salomons Ehefrau Bertha (Betty) Marchand geb. Gans, (*
05.04.1898), Tochter von Moritz Gans und Bertha Heymann wurde am 15.6.1942 ab Koblenz-Köln-Düsseldorf nach Sobibor
deportiert, wo sie 1943 umkam.
Laut dem Familienbuch Euregio gab es fünf weitere
Marchand's aus Ringenberg, die ihr Leben in der Shoa lassen mussten:
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Salomon Marchand * 02.05.1886 in Ringenberg, Sohn von Isaak Marchand
wohnhaft in Ringenberg, Haus Nr. 23 und Henriette (Jetta) Süßmann.
Salomon wurde am 17.11.1938 in Dachau inhaftiert und 1941 nach Riga
deportiert.
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Tina Marchand, geb. Hartog * 20.1.1888 in St. Jobs, war die Ehefrau
von Salomon Marchand. Beide wohnten in Ringenberg, Haus Nr. 8. Tina
wurde am 11.12.1941 ab Düsseldorf nach Riga deportiert.
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Henriette (Henny) Marchand * 02.07.1917 in Ringenberg war die
Tochter von Salomon Marchand, wohnhaft in Ringenberg, Haus Nr. 8 und
Tina Hartog. Henriette wurde am 11.12.1941 zusammen mit ihrer Mutter
nach Riga deportiert und 1942 umgebracht.
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Rosa
Marchand * 12.02.1890 in Ringenberg, Tochter von Isaak Marchand
wohnhaft in Ringenberg, Haus Nr. 23 und Henriette (Jetta) Süßmann.
Rosa wurde am 6.4.1943 ab Westerbork nach Sobibor deportiert, wo sie
am 9.4.1943 ermordet wurde.
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Bertha Marchand * 28.9.1891 in Ringenberg, Tochter von Isaak
Marchand wohnhaft in Ringenberg, Haus Nr. 23 und Henriette (Jetta)
Süßmann. Bertha wurde am 15.6.1942 ab Köln-Koblenz-Düsseldorf
nach Sobibor deportiert und umgebracht.
Zur Info: Hausnummern in früheren Zeiten waren nicht den Straßen, sondern einmalig und dem Ort Ringenberg zugeordnet.
An
der Ringenberger Schloßstraße steht ein Mahnmal für die jüdischen Familien
Marchand, die friedlich mit Freunden und Nachbarn in der
Dorfgemeinschaft zusammenlebten und wegen ihres Glaubens ermordet wurden.
An dem dreieckigen Stein wurde an der oberen Spitze ein Judenstern
eingearbeitet. Auf der Vorderseite steht:
TISKOR
FAMILIEN
MOSES UND ISAAK
MARCHAND
1942 ERMORDET IN
THERESIENSTADT / MAIDANEK
Das hebräische Wort "TISKOR" bedeutet "Gedenke".
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Stolpersteine in Brünen
Vor dem Haus mit der Nummer 59 an der Weseler Straße in Brünen wurden
am 7. März 2018 sechs Stolpersteine verlegt. Die Gedenksteine erinnern an die jüdischen
Opfer des Nationalsozialismus in Brünen. Der Viehhändler Levi
Wertheim wurde bereits 1935 so sehr drangsaliert, dass er sich
schriftlich beim Bürgermeister in Schermbeck beschwerte. Er verstarb
noch vor der sogenannten Reichspogromnacht im April 1938. Seine Ehefrau
Selma Wertheim (* 1877), geb. Jakob, und ihre Söhne Walter (* 1904) und
Paul (* 1915) wurden im Dezember 1941 von Düsseldorf nach Riga
deportiert und ermordet. Selma Wertheims Tochter Henny (geb. 1905)
und und ihr Mann Simon Strauss (geb. 1901) wurden im Oktober in das KZ
Gurs in Frankreich deportiert, Ende 1941 nach Les Milles und Marseille
verlegt und im August 1942 über Drancy nach Auschwitz verlegt , wo sie
getötet wurden. Zwei weitere Steine gedenken an den Reisenden Aron
Wertheim und seine Ehefrau Hulda. Sie flohen in der Nazizeit zu ihrer Tochter
in die Niederlande, wurden 1943 in Westerbork interniert und noch im
gleichen Jahr in
Sobibor ermordet.

An dem Gedenkstein für Paul Wertheim ist Anfang 2019 die rechte untere
Ecke der Messingplatte hochgeknickt worden. Ob der Schaden mutwillig
herbeigeführt wurde, konnte nicht
festgestellt werden. Da die Messingplatte nicht repariert werden konnte, hat
man den Stein inzwischen durch ein neues Exemplar ersetzt.

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Stolperstein in Marienthal
Dieser
Gedenkstein befindet sich seit März 2018 auf dem Gehweg vor dem Blumenladen in
Marienthal, unweit der Klosterkirche an der Straße "An der Klosterkirche
4". Auf der Messingplatte steht: "Hier wohnte Josepha Rölfing, geb.
Hartmann, Jg. 1919, seit 1941 in verschiedene Heilanstalten 'verlegt',
Heilanstalt Hadamar ermordet 28.11.1944". Der Stolperstein erinnert
an das traurige Schicksal der Josepha Rölfing. Die psychisch kranke Frau
wurde am 28. Nobember 1944 in der als Tötungsanstalt benutzten Pflege-
und Heilanstalt im mittelhessischen Hadamar in der Nähe von Limburg an der
Lahn ermordet. Ab 1941 wurden in Hadamar rund 14.500 Menschen mit
Behinderungen oder psychischen Erkrankungen aus Heilanstalten der
preußischen Provinzen Hessen-Nassau, Westfalen, Hannover und der
Rheinprovinz ermordet. |
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