Die Lehrerin Wilhelmine Wiese aus Rostock vermachte 1939 in ihrem
Testament ihr gesamtes Vermögen der DGzRS mit der Bedingung, ein
Rettungsboot zu bauen, das ihren Namen tragen soll. Etwa 1944/45 wurde
das Boot auf der Werft Abeking & Rasmussen in Lemwerder gebaut. Das 9,50
m lange und 3,00 m breite Rettungsboot mit Mahagoni-Beplankung hatte
einen Tiefgang von 0,70 m und ein Gewicht von ca. 10 Tonnen. Durch einen
flachen und breiten Kiel lag das Boot im Watt gut auf. Als
Antriebsmaschine wurde ein MWM 4-Zylinder-Diesel mit 53 PS verbaut.
Eisschutzplatten erlaubten der WILHELMINE WIESE den Einsatz auch in
harten Wintern.
Die WILHELMINE WIESE soll nach ihrer Fertigstellung kurz in Wismar im Einsatz gewesen sein. Von 1946 bis 1971
war das Rettungsboot in Fedderwardersiel stationiert. Von 1972 bis 1975 lag das
Boot wegen der defekten Slipanlage in Fedderwardersiel in Horumersiel.
Von 1975 bis 1977 war die WILHELMINE WIESE wieder in Fedderwardersiel
stationiert.
1977 wurde die WILHELMINE WIESE ausgemustert und diente auf
der Abeking & Rasmussen Werft in Bremen als Verkehrsboot.
1979 kam das Boot nach Kiel zum
Förderkreis "Kieler Schifffahrtsmuseum". Im Mai 1994 transportierte die
Fassmer-Werft aus Berne die WILHELMINE WIESE auf eigene Kosten für den
Förderkreis Museum Butjadingen e.V. nach Fedderwardersiel. Die Deutsche
Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)
überließ dem "Förderkreis Museum Butjadingen e.V." den unteren Teil des
Rettungsschuppens in Fedderwardersiel zu Museumszwecken. Die WILHELMINE
WIESE wurde Eigentum
des Förderkreises. Zum "zweiten Leben" erweckt hat es der ehemalige Vormann Heinz Wilhelm Rohde mit seinen
Mitarbeitern in ehrenamtlicher Tätigkeit. Am 3. Mai 1997 wurde der Museumsteil des Rettungsschuppens
eröffnet und mit der restaurierten WILHELMINE WIESE der Öffentlichkeit
vorgestellt.
In 31 Dienstjahren hat die WILHELMINE WIESE viele Menschen aus Seenot
gerettet und manövrierunfähige Schiffe in den Hafen von Fedderwardersiel
geschleppt.
Rettungsschuppen Fedderwardersiel
Im Jahr 1874 gab es in Fedderwardersiel einen ersten Bootschuppen
außerhalb des Deiches am Siel mit einem Boot aus Eisenblech, 6 Riemen und
einem Segel.
1909 wurde ein neuer (heutiger) Rettungsschuppen mit einer Slipanlage
zum Hafenbecken gebaut. Im oberen Teil des historischen
Rettungsschuppens befindet sich der Mannschaftsraum
für das Rettungsboot HERMANN ONKEN. Im unteren Teil befindet sich ein
Museum mit dem Motorrettungsboot WILHELMINE WIESE und vielen Geräten und
Bildern vom Rettungswesen an der Nordseeküste.
Die grünen Einfahrtstore mit den handgeschmiedeten Hängen (Scharniere)
des Rettungsschuppen sind 1913 gefertigte
Gesellenstücke des 1. Lehrlings Heinrich Oltmanns vom Schmiedemeister
Hermann Aldag aus Burhave.
Unter anderem ist in dem Rettungsschuppen eine originale Wartungs- und
Bedienungsvorschrift für den Dieselmotor der WILHELMINE WIESE ausgestellt.
Arbeiten am Motor
Die Wartung und Bedienung der Motore ist genau nach den jeweiligen
Betriebsvorschriften zu behandeln. Nur dadurch kann die höchste
Bereitschaft erzielt werden. Vor allen Dingen bei Frostgefahr Motor und
sämtliche dazugehörige Wasserleitungen gut entwässern.
Um eine dauernde Kontrolle über die Betriebssicherheit der Motore, sowie
bessere Vertrautheit des Motormannes (bzw. Ersatzmannes) zu
gewährleisten, muss der Motor jede Woche mindestens eine Stunde laufen
mit eingekuppelter Schraube (nur 1/2 bis 3/4 Belastung). Öldruck und
Kühlwasser beobachten. Anlassluft aufladen usw. Alle vier Wochen
Brennstofftagesbehälter entwässern. Brennstofffilter, Wasserfilter,
Schmierölfilter und Lenzsaugkörbe reinigen. Das Luftaufladeventil am
Zylinder mindestens alle 30 Betriebsstunden herausnehmen, reinigen und
gangbar machen (evtl. einschleifen).
Nach Ablauf eines Jahres ist sämtliches Schmieröl aus dem Wendegetriebe, Motorgehäuse und Ölfilter zu
entfernen. Ölwanne mit Petroleum auswaschen. Ist die Wanne sauber und
trocken, kann wieder frisch filtriertes Dieselschmieröl eingefüllt
werden.
Die Kühlwasserräume der Arbeitszylinder bzw. der Zylinderdeckel
müssen mindestens jedes Jahr auf Verschlammung oder Versandung
untersucht werden. (Kühlwasserzuführungsrohre, Schlammlochdeckel oder
Stopfen entfernen). Schadhafter Zinkschutz ist zu erneuern.
Jedes Jahr sind sämtliche Lagerbolzen und Muttern auf Festigkeit und gute Sicherung
am Motor und Wendegetriebe zu kontrollieren. Zusatz- bzw. Reserveteile
und Putzlappen in genügenden Mengen bereit halten. Werkzeuge in sauberem
und geordnetem Zustand halten. (Werkzeuge besonders vor Rost schützen).
Beschädigte Werkzeuge sind sofort zu ersetzen. Die Akkumulatoren sind
mindestens alle drei Monate an Land aufzuladen. Destilliertes Wasser
oder Säure auffüllen, aber erst nach vorausgegangener Kontrolle mit
Aereometer.
Den Motor immer gut in Farbe halten, blanke Teile gut
einfetten, um Rostbildung zu vermeiden. Schadhafte Stellen sind sofort
auszubessern, Motorraum und Flurplatten stets in sauberem Zustand
halten.
Über sämtliche Arbeiten ist Buch zu führen und bei der
Inspektion der Boote vorzulegen.
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