Stolpersteine in Hamminkeln
Der Künstler Gunter Demnig erinnert seit 1992 mit sogenannten "Stolpersteinen" an die Opfer des Holocaust. Die quadratischen Betonsteine haben auf der Oberseite eine Messingplatte mit abgerundeten Ecken und Kanten. Auf diesen Messingtafeln stehen die Namen der ehemaligen jüdischen Mitbürger und geben Auskunft über das Geburtsdatum bzw. Jahrgang und Verbleib. Diese Gedenksteine verlegt der Künstler in die Gehwege vor den einstigen Häusern der Opfer. An den hier vorgestellten Stolpersteinen wird man sich nicht die Füße stoßen, sie sollen zum gedanklichen Stolpern, zum Innehalten und Nachdenken über die noch immer unfassbare Katastrophe verleiten. Inzwischen liegen über 100.000 Stolpersteine in rund 1100 deutschen Orten und 29 Ländern Europas. Daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit das weltweit größte "dezentrale Mahnmal". In Hamminkeln wurden bisher 28 dieser Stolpersteine verlegt. | ||
Diese
sechs Stolpersteine befinden sich auf dem Gehweg im Zentrum von
Hamminkeln an der Brüner Straße Nr. 8, neben Elektro Nickel und
erinnern an die Mitglieder der jüdischen Familie Marchand Hier lebte früher der Metzger Siegmund Marchand, geboren 1857, mit seiner Familie bis zum Naziterror 1939. Die Kinder von Siegmund und Judith Sophia Marchand besuchten in Hamminkeln die evangelische Schule und den christlichen Gottesdienst. Als Pfarrer Heitmeyer 1913 als Nachbar das Pfarrhaus bezog, reimte Siegmund Marchand: "Bin ich auch ein Israelit, so grüß' ich doch den Pfarrer mit." Im April 1939 zog das Ehepaar zur Tochter nach Moers. Zwei Jahre später brachte die Tochter die alten Marchands in einem jüdischen Altersheim in Mönchengladbach unter, in dem Glauben, dass ihre Eltern dort sicher seien. Jedoch wurde das Heim am 25. Juli 1942 aufgelöst und alle Bewohner mit einem Sammeltransport von Düsseldorf aus in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Das Ehepaar Marchand starb 1942 in Theresienstadt. Auch seine vier Kinder überlebten die nationalsozialistische Gewaltherrschaft nicht. Tochter Rosa wurde in Lodz, Tochter Henny am 10.12.1941 in Riga und Tochter Erna in Stuffhof ermordet. Kurt Marchand wanderte im September 1936 nach Argentinien aus und arbeitete in Buenos Aires als Krankenpfleger. Er wurde mit dem Leben nicht mehr fertig, aus Heimweh nahm er sich das Leben. Auf dem Stolperstein steht: "Flucht in den Tod". |
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Die drei mit Messing überzogenen Pflastersteine befinden sich auf dem Gehweg an der
Marktstraße 13, nahe der alten "Friedenshalle Neu", dem heutigen
"Bürgerhaus Friedenshalle", wo Salomon Marchand mit seiner ersten Frau
Bela Zwi Abraham lebte. |
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Salomon Marchand wurde am 17. Dezember 1880 in Hamminkeln geboren. Er war der Sohn von Jacob Marchand und Hannchen van Gelder. Sein Vater war von 1914 bis 1925 der Vorsitzende des Männergesangvereins "Bleib treu". 1939 zog Salomon Marchand, Witwer von Berta Marchand geb. Abraham, (*17.12.1880) nach Wesel und adoptierte zusammen mit seiner zweiten Ehefrau Jenny Marchand, geborene Hartog, (* 07.06.1893) die unehelich geborene Hannelore (17.03.1929). Am 11. Dezember 1941 wurde die Familie Marchand nach Riga verschleppt und dort umgebracht. Über das Sterbedatum gibt es keine genauen Angaben. Die Gedenksteine sollen an das erlittene Unrecht der Opfer erinnern. | ||
Die
fünf kleinen quadratischen Tafeln mitten auf dem Gehweg vor dem
Textilgeschäf Bückmann in Hamminkeln an der Marktstraße 20 fallen
zwischen den grauen Steinen schnell ins Auge. Hier wohnten David und
Adele Marchand mit ihren fünf Kindern.
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Stolpersteine in Ringenberg |
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Drei in Handarbeit hergestellte Stolpersteine im Gehwegpflaster an der
Hauptstraße 32 in Ringenberg erinnern seit Dezember 2009 an einen Zweig
der Familie Marchand, die hier bis zur nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Frieden lebten. Isaak Marchand, geboren 1859,
gestorben am 23. Februar 1942, Franziska Marchand, geboren am
23.06.1854, 1942 im hohen Alter von 88 Jahren nach Theresienstadt
deportiert und dort ermordet, sowie die gehbehinderte Tochter Bertha
Marchand, geboren am 28.09.1891, deportiert 1942, ermordet in Izbica. Die Gedenksteine an der Hauptstraße sollen die Erinnerung an die jüdische Familie Marchand wach halten. In der Zeitschrift "Hamminkeln Ruft, Ausgabe Nr. 13 1990 - HVV" schreibt der Hobby-Historiker Klaus Braun einen ausführlichen Aufsatz über die Familie Marchand.
In
der Hauptstraße 38 lebten noch vier weitere Marchands. Es handelte sich
um Moses Marchand, geboren am 29.1.1863 in Ringenberg, deportiert am
25.7.1942 ab Düsseldorf ins KZ Theresienstadt, am 29.9.1942 ins
Vernichtungslager nach Treblinka, umgekommen 1943 in Minsk und seine
Ehefrau Wilhelmine Marchand (geb. Cohen), geboren am 03.07.1853 in
Gerresheim, deportiert am 25.7.1942 ab Düsseldorf nach Theresienstadt,
verstorben am 17.9.1942 im Konzentrationslager Theresienstadt. Laut dem Familienbuch Euregio gab es fünf weitere Marchand's aus Ringenberg, die ihr Leben in der Shoa lassen mussten:
Zur Info: Hausnummern in früheren Zeiten waren nicht den Straßen, sondern einmalig und dem Ort Ringenberg zugeordnet. An der Ringenberger Schloßstraße steht ein Mahnmal für die jüdischen Familien Marchand, die friedlich mit Freunden und Nachbarn in der Dorfgemeinschaft zusammenlebten und wegen ihres Glaubens ermordet wurden. An dem dreieckigen Stein wurde an der oberen Spitze ein Judenstern eingearbeitet. Auf der Vorderseite steht: TISKOR FAMILIEN MOSES UND ISAAK MARCHAND 1942 ERMORDET IN THERESIENSTADT / MAIDANEK Das hebräische Wort "TISKOR" bedeutet "Gedenke". |
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Stolpersteine in BrünenVor dem Haus mit der Nummer 59 an der Weseler Straße in Brünen wurden am 7. März 2018 sechs Stolpersteine verlegt. Die Gedenksteine erinnern an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Brünen.Der Viehhändler Levi Wertheim wurde bereits 1935 so sehr drangsaliert, dass er sich schriftlich beim Bürgermeister in Schermbeck beschwerte. Er verstarb noch vor der sogenannten Reichspogromnacht im April 1938. Seine Ehefrau Selma Wertheim (* 1877), geb. Jakob, und ihre Söhne Walter (* 1904) und Paul (* 1915) wurden im Dezember 1941 von Düsseldorf nach Riga deportiert und ermordet. Selma Wertheims Tochter Henny (geb. 1905) und ihr Mann Simon Strauss (geb. 1901) wurden im Oktober in das KZ Gurs in Frankreich deportiert, Ende 1941 nach Les Milles und Marseille verlegt und im August 1942 über Drancy nach Auschwitz verlegt , wo sie getötet wurden. Zwei weitere Steine gedenken an den Reisenden Aron Wertheim und seine Ehefrau Hulda. Sie flohen in der Nazizeit zu ihrer Tochter in die Niederlande, wurden 1943 in Westerbork interniert und noch im gleichen Jahr in Sobibor ermordet. |
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An dem Gedenkstein für Paul Wertheim ist Anfang 2019 die rechte untere Ecke der Messingplatte hochgeknickt worden. Ob der Schaden mutwillig herbeigeführt wurde, konnte nicht festgestellt werden. Da die Messingplatte nicht repariert werden konnte, hat man den Stein inzwischen durch ein neues Exemplar ersetzt. | ||
Stolperstein in MarienthalDieser Gedenkstein befindet sich seit März 2018 auf dem Gehweg vor dem Blumenladen in Marienthal, unweit der Klosterkirche an der Straße "An der Klosterkirche 4". Auf der Messingplatte steht: "Hier wohnte Josepha Rölfing, geb. Hartmann, Jg. 1919, seit 1941 in verschiedene Heilanstalten 'verlegt', Heilanstalt Hadamar ermordet 28.11.1944".Der Stolperstein erinnert an das traurige Schicksal der Josepha Rölfing. Die psychisch kranke Frau wurde am 28. Nobember 1944 in der als Tötungsanstalt benutzten Pflege- und Heilanstalt im mittelhessischen Hadamar in der Nähe von Limburg an der Lahn ermordet. Ab 1941 wurden in Hadamar rund 14.500 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen aus Heilanstalten der preußischen Provinzen Hessen-Nassau, Westfalen, Hannover und der Rheinprovinz ermordet. Seit 2022 gibt es eine App zu mehr als 35.000 Stolpersteinen in 30 Ländern. Bis Ende 2023 enthielt die App Daten zu den Städten Hamburg, Hannover, Bremen und Köln und den persönlichen Schicksalen, die dahinter stehen. Weitere Gedenksteine sollen sukzessive folgen. |
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Humberghaus in Hamminkeln-DingdenIm Humberghaus in der Hohen Straße 1 in Hamminkeln-Dingden wohnte bis 1941 die jüdische Familie Humberg, die dort auch eine Metzgerei betrieb. Die Familie Humberg wurde - wie Millionen andere Juden - zum Opfer der systematischen Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten. Vier Geschwister wurden ermordet, drei konnten mit ihren Familien nach Kanada auswandern und überlebten den Rassenwahn der Nationalisten.Der Heimatverein Dingden nahm sich der Geschichte des Hauses und seiner früheren Bewohner an und erinnert an die jüdische Vergangenheit in Dingden. Unzählige Exponate haben die Vereinsmitglieder bisher zusammengetragen, zum Teil wurden sie von den Nachfahren aus Kanada für die Ausstellung nach Deutschland geschickt. Seit 2012 ist der "Geschichtsort Humberghaus Dingden" mit der historischen Ausstattung, den Möbeln und Fotografien der öffentlichkeit zugänglich. Vor der Eingangstür ist in den Pflastersteinen des Gehwegs ein Judenstern eingearbeitet. Das alte, weiß gekälkte Haus mit den grünen Fensterläden ist sonntags von 14:00 - 18:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Nur einige Meter vom Humberghaus entfernt befindet sich in einem ehemaligen Stallgebäude der Familie Humberg das Heimathaus Dingden. Das Baujahr wird auf 1690 geschätzt ist damit wohl das älteste Haus im Dorf. Wer sich weiter in das Thema Humberghaus einlesen möchte, bekommt ausführliche Informationen in dem Buch: "Das Humberghaus - Die Geschichte des Hauses und seiner Bewohner" - Dingdener Schriftenreihe Band 8, ISSN 1610-8442. |
Letzte Aktualisierung: 26. Juni 2022