Zentralkläranlage Hamminkeln
Im Jahr 1982 wurde die Zentrale Kläranlage der Gemeinde Hamminkeln in Betrieb
genommen und
seit 1996 in mehreren Schritten weiter ausgebaut. Sie hat eine
Gesamtkapazität von 55.000 Einwohnerwerten, wovon nur etwa 50 Prozent auf die
rund 28.000 Einwohner entfallen. Der Rest geht auf die Industrie und sonstige
Belastungen. Die Stadt Hamminkeln betreibt und unterhält ein rund 126 km
langes Kanalnetz mit ca. 53 km Druckentwässerungsleitungen, und verschiedenen
Abwasserbetriebspunkten zur Regenwasserrückhaltung. Die Abwasserentsorgung
beginnt auf jedem einzelnen Grundstück und führt über das öffentliche Kanalnetz bis zur Kläranlage. Dort werden jährlich rund
zwei Millionen Liter
Schmutz- und Abwässer aus allen Hamminkelner Ortsteilen gereinigt. In
Spitzenzeiten kommen bis zu 15.000 Liter pro Minute am Klärwerk an. Eine der
Besonderheiten der zentralen Kläranlage an der Römerrast ist, dass der Zufluss
zur Kläranlage nicht im freien Gefälle erfolgt. Das Abwasser wird mit insgesamt
330 Pumpen aus den sieben weit auseinander liegenden Ortsteilen zur Kläranlage transportiert.
Abwasserreinigung
Die Behandlung des Abwassers erfolgt derzeit in drei Reinigungsstufen.
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Im Rechenhaus werden über einem Rechen zunächst große Stoffe abgehalten und vom
Abwasser entfernt. Im nachgeschalteten Sandfang werden Sand und Fette
mechanisch abgetrennt und entsorgt.
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Anschließend kommt das Abwasser in eine biologische Reinigungsstufe. In
mehreren Belüftungsbecken werden gelöste Bestandteile wie z.B. Phosphate,
Stickstoffverbindungen und organische Belastungen unter Einsatz
verschiedener Bakterien abgebaut. Hierzu wird dem Abwasser mit Kompressoren
Umgebungsluft und somit Sauerstoff zugeführt.
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Aus dem Belebungsbecken gelangt das Gemisch aus Abwasser und Schlamm in zwei
Nachklärbecken. Hier kann sich der Schlamm absetzen und gelangt schließlich
zum Faulbehälter. Im Faulbehälter erzeugen Fäulnisbakterien in einem
Gärprozess bei 35 Grad Celsius ein Faulgas und die organischen Bestandteile
des Schlamms werden abgebaut. Der anfallende Klärschlamm wird in
Trockenbeeten entwässert, getrocknet und im Abfallzentrum Asdonkshof des
Kreises Wesel verbrannt. Die Anlagenbetreiber mit Ausbaugrößen von über
50.000 Einwohnerwerten müssen ab 2032 den für die Landwirtschaft wichtigen
Nährstoff Phosphor aus dem Klärschlamm zurückgewinnen.
Das gereinigte Abwasser aus den Nachklärbecken fließt zunächst in zwei lang
gestreckte Schönungsteiche. Von dort wird es nach einer kurzen Verweilzeit
direkt in die Issel eingeleitet. Im eigenen Labor wird das Wasser auf
Ammonium oder den chemischen Sauerstoffbedarf kontrolliert. Wichtig dabei ist,
dass die Messwerte dabei unter den geforderten Grenzwerten liegen.
Vierte Reinigungsstufe Neuartige Mikroschadstoffe,
Arzneimittelrückstände, Biozide, Pestizide, Hormone, Keime oder Viren gehen
derzeit ungehindert in die Issel und somit in den Wasserkreislauf und folglich
auch in die Nahrungskette. Auch die Textilindustrie stellt durch Kolorierungen
eine besondere Herausforderung an die Abwasserreinigung dar. Diese
Schadstoffe sollen in Zukunft durch den Ausbau der Kläranlage mit einer 4.
Reinigungsstufe beseitigt werden. 2021/2022 führte die Stadt Hamminkeln mit
Förderung der Landesregierung ein Pilotversuch unter realistischen Bedingungen
durch. Zusammen mit der Firma USONiQ wurde auf der Kläranlage eine Anlage
installiert, bei der die Schadstoffe durch eine Kombination aus Ozon als starkes
Oxidationsmittel und Ultraschall entfernt werden. Die Analysen wurden in
Laboruntersuchungen durch unabhängige Experten des Analyse-Instituts IUTA der
Uni Duisburg-Essen ausgewertet. Als Ergebnis kam heraus, dass die
Mikroschadstoffe bis 98 Prozent entfernt werden konnten und auch das
Kolorierungsproblem wurde gelöst. Hormone waren gar nicht mehr nachweisbar.
Insgesamt erreicht das in der vierten Reinigungsstufe gereinigte Abwasser
Badequalität. Die Untersuchungsergebnisse verliefen so positiv, dass die
Stadt Hamminkeln das Projekt ab 2025 umsetzen will. In der 27. Sitzung des Rates
der Stadt Hamminkeln wird über eine Machbarkeitsstudie und eine weitere
Vorgehensweise diskutiert. Der Baubeginn könnte nach
einer Fachplanung 2027 starten.
Erweiterungen und Sanierungen
Die Zentralkläranlage ist in einem guten Zustand und wurde immer wieder
modernisiert. In den 1990er Jahren wurde die Kläranlage für die Stickstoff- und
Phosphorbeseitigung ausgebaut. 2016 wurden die Einlaufrinne mit Rechen, Sandfang
und Venturi-Rinne für rund 260.000 Euro saniert.
Die beim Klärungsprozess anfallenden Faulgase werden für die Beheizung des Faulturmes und
der Betriebsgebäude genutzt. Rund 30 Prozent mussten anfangs ungenutzt
abgefackelt werden. Seit 2019 werden die überschüssigen Faulgase in einer
Brennkammer komplett verbrannt und die entstehenden Abgase durch eine schnell
laufende Turbine geführt, die wiederum einen Generator antreibt. So wird
nebenbei bis zu 300.000 kWh Strom pro Jahr erzeugt. Die bei dem
Verbrennungsprozess anfallende Wärme wird für die Beheizung des Faulturmes und
der Gebäude genutzt. Die Investitionskosten betrugen rund 390.000 Euro. Die
NRW-Bank förderte das Projekt mit 108.000 Euro. 2024 hat man die Gashaube des
Faulturms für ca. 280.000 Euro erneuert. In den nächsten zehn Jahren müssen rund
25 Prozent des Abwassernetzes saniert werden. In naher Zukunft soll auch
die Kläranlage Mariental und das Wochenendhausgebiet Havelich an die
Zentralkläranlage angeschlossen werden.
Freiflächen-Photovoltaikanlage
Aufgrund der steigenden Reinigungsanforderungen wird der Energiebedarf der Hamminkelner Kläranlage
künftig weiter zunehmen. Am 18.02.2021 beschloss der Rat der Stadt Hamminkeln
den Bau einer Freiflächen-PV-Anlage mit einer Fläche von zwei Hektar auf der
Erweiterungsfläche (Flur 21, Flurstück 177) südlich der Kläranlage. Der grüne Strom der fast 750 kWp starken
Solaranlage kann komplett für die Eigenversorgung der zentralen Kläranlage
genutzt werden. Für die neue Photovoltaikanlage wurden 1.500.000 € im
Haushaltsplan 2024 berücksichtigt.
Letzte Aktualisierung: 04. Oktober 2024
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