Die Online-Zeitung "The Local" - Nachrichten aus Schweden auf Englisch - hat
einen Artikel veröffentlicht, der mir aus der Seele spricht. Es geht um das
Datingverhalten der Schweden und ich kann das Geschriebene nur bestätigen.
Ich bin seit ich in Schweden bin mehr oder minder aktiv am Onlinedaten und habe
in dieser Zeit ungefähr 15 Männer getroffen. Dass ich also immer noch Single bin
(und auch sonst kaum nennenswerte Dinge passieren, die man eben zu zweit so
macht) liegt also vermutlich daran, dass ich a) keinen Alkohol trinke oder b)
Geduld nicht zu meinen Stärken gehört. Ich habe nämlich keine Lust, mich mit
einem Mann erst ungefähr achtmal zu treffen, bevor er aus sich rauskommt. Die
Schweden sind auch total schlecht im Flirten - wohingegen ich inzwischen die
Deutschen, Österreicher und sogar Schweizer als Weltmeister empfinde. Fällt mir
allein schon bei der Arbeit auf. Ich habe viel mit deutschsprachigen Kunden zu
tun. Im Prinzip sagt jeder zu mir früher oder später "Was machen Sie denn als
Deutsche in Stockholm?", dann unterhalten wir uns, dann fragt mich der Kunde
entweder, ob ich ihm die Stadt zeige, falls er mal in Stockholm sein sollte,
oder ich bekomme eine Einladung auf einen Kaffee, für den Fall, dass ich mal in
seiner Gegend bin. Aber noch NIE hat mich ein schwedischer Kunde gefragt, woher
ich denn bin oder warum ich nach Schweden gekommen bin - geschweige denn, dass
mir einer einen Kaffee angeboten hat ... Generell habe ich das Gefühl, dass
man in Schweden Angst davor hat, sich mit vollkommen Fremden zu unterhalten.
Neulich in Hamburg. Die S-Bahn blieb auf freier Strecke stehen. Sofort fingen
alle an, sich miteinander zu unterhalten. Wie lange das jetzt wohl dauert, was
man noch vorhat, und wie schön es doch eigentlich ist, dass man jetzt mit der
S-Bahn zum Flughafen kann - wenn es nur funktionieren würde. Würde in Stockholm
die U-Bahn stehen bleiben, würde sich um Gottes Willen niemand mit seinem
Sitznachbarn unterhalten. Alle würden weiter ihre Musik hören und die Zeitung
lesen, bloß nicht reagieren, bloß keine Aufmerksamkeit erregen. In Deutschland
kommt man ja auch einfach mit Leuten ins Gespräch. In der Kneipe, an der
Bushaltestelle, im Supermarkt, überall, ohne dass es was zu bedeuten haben muss.
In Stockholm? Ist mir noch nie passiert. Ergibt sich einfach nicht. Neulich
habe ich einen Deutschen getroffen, der für UPS in verschiedenen Ländern
gearbeitet hat. In Schweden, sagt er, machen die Leute dem UPS-Boten nicht
einmal die Tür auf, - dabei haben sie ja was bestellt! Und überhaupt, bevor man
ins Treppenhaus geht, guckt man durch den Türspion, um sich zu versichern, dass
auch ja kein Nachbar gerade im Hausflur ist. Nun ja, zurück zum Dating. Für
die Schweden steht die Gleichberechtigung ganz hoch im Kurs (das haben die
schwedischen Frauen versaut), und wenn man mit einem Schweden ausgeht, fühlt man
sich eher wie ein guter Kumpel. Das Mann-Frau-Ding geht einfach total unter. Und
natürlich zahlt auch jeder für sich selbst. Ich erwarte nicht, dass ein Mann
mich einlädt, aber nett ist es schon, vor allem, wenn es sich bei dem zu
bezahlenden Betrag um 6 Euro für einen Kaffee und ein Stück Kuchen handelt. Ich
zahle dann auch gerne das nächste Mal. Einmal war ich mit einem Holländer
aus. Als ich vom Klo wiederkam hatte er schon bezahlt, und ich sagte einfach
"Das ist ja nett, danke!". Er lächelte und sagte "Was, du akzeptierst das
einfach? Eine schwedische Frau würde jetzt erstmal eine halbe Stunde lang
protestieren!" Woraufhin ich nur grinste und erwiderte "Und ein schwedischer
Mann hätte mich nicht eingeladen". Es ist auch interessant, denn meine
Erfahrungen decken sich mit den Erfahrungen, die andere deutsche oder
österreichische Singlefrauen machen. Tja, ich weiß auch nicht. Vielleicht liegt
es auch nur daran, dass sich die Schweden eben früh binden und Familien gründen
- und eben alle guten Typen schon weg sind. Muss ich halt noch ein paar Jahre
warten, bis die ersten Geschiedenen wieder auf dem Markt sind ...
posted by Yvi, 02.09.2008
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